Reinbek 09.08.2023
Die Kreistage der Hamburg-Rand-Kreise lehnen die Wahl von AFDlern zu Ausschuss-Vorsitzenden ab – Bemerkenswert: Stormarner Fraktionsführungen hatten die Wahl bereits mit der AFD abgesprochen!
Die konstituierenden Sitzungen der Kreistage von Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Hztm. Lauenburg hatten jeweils über Vorschläge der jeweiligen AFD-Fraktionen zur Wahl von Ausschuss-Vorsitzenden bzw. stellvertretenen Vorsitzenden zu entscheiden.
Alle 4 Kreistage, in denen der jeweiligen AFD-Fraktion das Vorschlags-Recht für einen Ausschuss-Vorsitz und eine Stellvertretung zusteht, haben die vorgeschlagenen AFD-Kandidaten nicht gewählt.
Dabei sind durchaus Unterschiede festzustellen:
Während im Pinneberger Kreistag der AFD-Kandidat für einen Ausschuss-Vorsitz bei 5 AFD-Kreistags-Mitgliedern in geheimer Wahl 9 Ja-Stimmen bei 50 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen erhielt, votierten im Stormarner Kreistag bei 5 AFD-Kreistagsmitgliedern in geheimer Abstimmung immerhin 14 Mitglieder für den AFD-Kandidaten bei 35 Nein-Stimmen und 15 Enthaltungen (2. Wahlgang: 16 JA -38 Nein -10 Enth., 3. Wahlgang: 15-38-12).
Die dann doch relativ vielen Stimmen für den AFD-Kandidaten erkläre ich mit 2 Besonderheiten:
1. Die Stormarner Fraktionsvorsitzenden hatten ursprünglich vorgesehen, mit einer en-bloc-Abstimmung alle Ausschuss-Vorsitzenden einschließlich des vorgeschlagenen AFD-Kandidaten zu wählen. Wie ich erst jetzt aus der AFD-Klageschrift erfahre, ist diese en-bloc-Abstimmung mit dem AFD-Fraktionsvorsitzenden im Ältestenrat so „vorberaten“ worden. Offenkundig verfügten die Stormarner Fraktionsführungen nicht über den Weitblick und das erforderliche politische Gespür für die Abwehr rechtsextremer, nationalradikaler und völkisch orientierter Parteien! Diese en-bloc-Abstimmung konnte dann verhindert werden durch den Antrag auf Einzelabstimmung zu den AFD-Wahlvorschlägen (Antrag H. Dierking vom 20.06.2023).
2. Die Kreisverwaltung vertrat im persönlichen Gespräch die Auffassung, der Kreistag komme gar nicht umhin, AFD-Kandidaten zu wählen, weil der AFD ein Ausschuss-Vorsitz zustehen würde. Und: Die Kreisverwaltung sei allein dem Gesetz verpflichtet und könne nur von politischen „Spielereien“ abraten. Ich halte die Auffassung, der AFD würde ein Ausschuss-Vorsitz zustehen, für falsch.
Weiterhin halte ich die gemeinsame „Vorberatung“ im Ältestenrat sowie den Vorschlag einer en-bloc-Abstimmung wie auch die Beratung für schwerwiegende politische Fehler.
Unbestreitbar steht der AFD-Fraktion aufgrund ihrer Sitz-Anzahl das Recht für einen Kandidaten-Vorschlag für einen Ausschuss-Sitz zu. Dieses Vorschlags-Recht beinhaltet jedoch nicht den Anspruch, der Kreistag habe im Sinne des AFD-Wahlvorschlages zu votieren. Anderslautende Beratungen und Stellungnahmen weise ich zurück.
Ich kann nur mutmaßen, ob hier bereits die vom CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz in einem Sommer-Interview formulierte Öffnung der „Brandmauer gegen die AFD“ für den kommunalen Bereich handlungsleitend gewesen ist.
Offenkundig wurde und wird die gesetzliche Norm des § 27 der Kreisordnung nicht beachtet: „Die Kreistagsabgeordneten handeln in ihrer Tätigkeit nach ihrer freien, durch das öffentlich Wohl bestimmten Überzeugung“ (Absatz 1). Dieses „freie Mandat“ gilt für alle Entscheidungen im Kreistag!
Weder die Mitglieder der Fraktionen noch die Mitglieder des Kreistages können verpflichtet werden, gegen ihre freie Überzeugung abzustimmen oder zu entscheiden.
Auch die jetzt zu vernehmenden Sachzwang-Argumente und die Hinweise auf die Funktionsfähigkeit des betroffenen Ausschusses vermögen nicht zu überzeugen, Vertreter der AFD in herausgehobene Funktionen zu wählen.
Im Übrigen finden sich gerade im kommunalen Bereich jede Menge Beispiele für Vertretungen, die entgegen dem vorgebrachten Wahlvorschlag andere Kandidaten in herausgehobene Mandate gewählt haben.
Heinrich Dierking
Forum21-Mitglied im Stormarner Kreistag