# Geflüchtete aus der Ukraine bei uns – Zahlen, Daten, Fakten
Verantwortlich: Cathrin Pohl (Forum21-Stadtverordnete)
Seit dem 24.02.2022 herrscht Krieg mitten in Europa. Millionen Kinder, Frauen und Männer bangen um ihr Leben und ihre Zukunft. Oder um es mit Putins Worten zu sagen: es handelt sich um eine „Spezialoperation“, um die Ukraine zu entnazifizieren. Diese kriegerische Operation wirkt sich hier bei uns so aus, dass gemäß derzeitiger Prognose rund 1 Mio. Menschen in Deutschland aufgenommen werden sollen, davon werden auf Schleswig-Holstein rund 34.000 entfallen. Für den Kreis Stormarn bedeutet dies, bis zu 2.900 Menschen (8,4%) unterzubringen.
Auf das südliche Stormarn runtergebrochen bedeutet es, dass Ahrensburg mit 419 (13,95%), Reinbek mit 347 (11,55%) und Bad Oldesloe mit 303 (10,11%) Personen pro Monat die größten Kontingente nach dem sog. „Königsteiner Schlüssel“ zugeteilt bekommen.
Hinzu kommt eine unbekannte Zahl derjenigen, die unmittelbar, also nicht über Aufnahmeeinrichtungen, nach Stormarn gekommen sind, sich aber nicht registriert haben.
Zusätzlich verlassen einige wenige Geflüchtete die zugewiesenen Unterkünfte mit unbekanntem Ziel – da Ukrainer von der Visum-Pflicht befreit sind, ist das auch zulässig. Deshalb ist es auch derzeit nicht möglich, aussagekräftige Gesamtzahlen zu ermitteln.
Das heißt für die Stadt Reinbek, wir müssen uns drauf vorbereiten wöchentlich 70-80 Personen (hauptsächlich Mütter mit ihren Kindern) aufzunehmen und die Grundversorgung sicherzustellen.
Jetzt werden wieder einmal auf die Schnelle und mit sehr viel Geld Räume von städtischen Einrichtungen zu Wohnunterkünften „umgewandelt“ – und damit der bisherigen öffentlichen Nutzung entzogen:
· Die Begegnungsstätte Neuschönningstedt dient dabei als Erstaufnahme für die Geflüchteten und bietet ihnen erstmal Ruhe und Schutz für einige Tage.
· Die Verwaltung lässt parallel noch den Brandschutz, der sog. Campusschule am Freizeitbad prüfen, damit die leerstehenden Container zeitnah auch als Wohnunterkunft genutzt werden können.
· Auf der jüngsten Stadtvertreter Sitzung am 24.03.2022 wurde per Eilentscheid die Beschlussvorlage 2022/2/ 004/: Ausstattung der alten Sporthalle am Sachsenwaldgymnasium zur Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine in Höhe von 109.000€ genehmigt. Dafür wird die alte Sporthalle am Gymnasium mit einem PVC-Boden, Trennwänden, Betten, Kopfkissen, Stehlampen ausgestattet und ein Reinigungsdienst beauftragt.
Von der Landesregierung in Kiel wurden aus dem laufenden Haushalt kurzfristig Finanzmittel in Höhe von rund 38 Millionen Euro freigegeben, die bisher für andere Zwecke vorgesehen waren. Von dem Geld seien bereits Wohncontainer im Wert von rund fünf Millionen Euro bestellt worden, wird verlautbart.
Reinbek kommt mit dieser Situation mal wieder gezeigt, dass die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen dringlichst erforderlich ist.
# „Konzept zur Deckung diverser Raumbedarfe, sowie Rückbau des Ersatzschulbaus auf der Freizeitbadwiese“ – bürgermeisterliche Überlegungen in Reinbek. Verantwortlich: Thomas Fleckenstein (Forum21-Stadtverordneter)
Mit diesem langen Titel präsentierte der Bürgermeister (BM) mit der Vorlage 2022/BM/001 ein "Konzept", um Raumbedarf in verschiedenen Einrichtungen der Stadt zu decken und nebenbei auch noch einen Termin für den Abbau der Container-Campusschule zu setzen, in denen die Gemeinschaftsschule Mühlenredder in den letzten Monaten untergebracht war.
Dass Einrichtungen in Reinbek über Raumnot klagen ist allen, spätestens seit unserem - einstimmig befürworteten – Prüfantrag aus dem Mai 2021 (2121/FR/006) bekannt: Dem BM und seiner Verwaltung wurde aufgetragen, Synergien in der Raumnutzung aufzuzeigen wie diese Nöten gemeinsam gelöst werden könnten. Nun also ein „Konzept“!
Ich bin davon enttäuscht.
Vom BM vorab groß angekündigt ist es für mich kein schlüssiges Konzept, sondern eher eine Auflistung von Ideen, die nur grob umrissen sind, zum Teil nichts miteinander zu tun haben oder schon längst hätten in Angriff genommen werden müssen.
Im Detail stellt der Bürgermeister nun im März 2022 zur Diskussion:
A. Containeranlage der Campusschule bis Ende 2025 abbauen und bis dahin als Unterkunft für Flüchtlinge nutzen.
B. Ab 2023 Containeranlage für die VHS nutzen. Vorbereiten eines Mietvertrages für ein Gebäude in Alt-Reinbek für die Volkshochschule (VHS), Bibliothek und einen Mietvertrag für Räume zur Kindertagesbetreuung.
C. Hauptteile des aktuellen VHS-Gebäudes werden nach dem VHS-Auszug durch das Sachsenwald Gymnasium genutzt.
D. Freifläche zwischen Gartenstraße und Sandweg in Neuschönningstedt mit einer Unterkunft für obdachlose Personen bebauen.
E. Aufstellungsbeschluss in 2022 für den Bebauungsplan B100 zwischen Feldstraße und Eggerskoppel einschließlich Verlegung des Bolzplatzes und Platz für weiteren Bau einer Kindertageseinrichtung vorbereiten.
F. Schaffung von weiteren Schlaf- und Wohnplätzen für Flüchtlinge.
Schon im Vorfeld des Hauptausschusses und der Stadtverordnetensitzung regte sich aus vielen politischen Ecken Widerstand gegen den ein oder anderen Punkt. Emails und Meinungen wurden ausgetauscht, so dass am Ende der Hauptausschuss nur über A und F positiv entschied und alle anderen Themen zur weiteren Beratung in die Fachausschüsse verwies.
Die Stadtverordnetenversammlung hat dann ebenfalls beide Punkte A und F beschlossen, aber den Rückbau der Containerschule nicht mit einem Termin versehen. Und das ist richtig so. Natürlich müssen die Container irgendwann abgebaut werden, sie halten nicht so lange wie ein festes Gebäude. Wir sollten uns aber, gerade jetzt, da wir gemeinsam eine große Anzahl an Geflüchteten aufnehmen müssen, nicht unnötig selbst mit einem Termin unter Druck setzen.
Die Fraktion Forum21 sieht noch mehr Nutzungs-Möglichkeiten, wie uns diese Container-Campusschule in den nächsten Jahren noch helfen wird, Aufgaben zu bewältigen und unseren Einrichtungen Räume zu verschaffen.
Zu den Themen, die nun in den Fachausschüssen beraten werden, werden wir weiter berichten. Es gibt noch viel zu tun.
# Anscheinend soll gelten: Es gibt „Geflüchtete“ und es gibt „Geflüchtete“! Verantwortlich: Cathrin Pohl (Forum21-Stadtverordnete)
Was bei all dieser Solidarität für die ukrainischen Flüchtlinge aber nicht vergessen werden darf, es leben noch zahlreiche andere Personen aus u.a. Syrien, Afghanistan, Afrika, Libyen in unserer Stadt, die bereits 2015 zu uns kamen und immer noch Unterstützung brauchen.
Auch sie suchen immer noch Wohnraum, Arbeitsstellen und teilweise haben sie sogar immer noch keine Arbeitserlaubnis. 2015 wurde öffentlich darüber debattiert, dass die Geflüchteten Smartphones besitzen und nutzen (sollte wohl andeuten: so schlecht konnte es denen noch gar nicht gehen!), heute gibt es kostenlose Telefonkarten für alle Neuankömmlinge.
Viele Ukrainer sind privat aufgenommen worden. Auch das war 2015, als hauptsächlich die Syrer vor dem Terror aus ihrem Land geflohen sind, ganz anders.
Es gibt im Jahr 2022 zu 2015 zum Glück einen Unterschied in der Art, wie wir als Zivilgesellschaft und als Politik den Geflüchteten begegnen.
Allerdings zeigt sich in mancher deutschen Großstadt auch die Willkür der Behörden, wenn Geflüchtete ihre seit Jahren gewohnten Notunterkünfte innerhalb weniger Stunden räumen müssen, nur um Neuankömmlingen aus Europa Platz zu machen. Die Menschen werden aus den aufgebauten Strukturen gerissen, die Kinder müssen Schule, Kita und das soziale Umfeld wechseln und allein reisende Geschwister werden getrennt. Als Grund für die Verlegung dann zu sagen, die Unterkunft sei in direkter Nähe zum Ankunftszentrum der ukrainischen Flüchtlinge und somit logistisch sinnvoller erscheint etwas fadenscheinig. Hier schließt sich auch wieder ein Kreis, denn wenn dort in den letzten Jahren genügend Wohnraum geschaffen worden wäre, dann wäre diese Situation gar nicht erst entstanden.
Es kann nicht sein, nur weil die ukrainischen Geflüchteten unserem Aussehen, unserer Weltanschauung oder unserem Glauben vermeintlich näher sein sollen, die Leistungen für Schutzsuchende aus Afrika und Arabien zu mindern und den Eindruck bei den Schutzsuchenden aus dem Nahen Osten und in unserer Gesellschaft hervorzurufen, dass Ukrainer als Geflüchtete 1.Klasse behandelt werden.
Das wäre nach meiner Auffassung eine neue Art von Rassismus, den sich hoffentlich niemand wünscht. Lassen wir es in Reinbek nicht so weit kommen und zeigen unsere Solidarität allen Schutzsuchenden gegenüber gleichermaßen!
# Begegnungsstätte Neuschönningstedt – lobenswerte grenzenlose Hilfsbereitschaft! Verantwortlich: Cathrin Pohl (Forum21-Stadtverordnete)
Es ist immer wieder schön, mitzuerleben wie schnell sich hilfsbereite Menschen zusammenfinden und sich organisieren, um den schutzsuchenden Kriegsflüchtlingen zu helfen. Innerhalb weniger Tage hat sich eine Gruppe mit ca. 40 ehrenamtlichen Helferinnen gegründet, die sich dann über einen Handymitteilungsdienst vernetzt hat und jetzt im permanenten Austausch ist. Dank vieler fleißiger Hände und Unterstützung seitens der Stadt wandelte diese Gruppe jetzt mit vielen Spenden die Begegnungsstätte in Neuschönningstedt in kürzester Zeit in eine bewohnbare Übergangsunterkunft um.
So konnte beispielsweise mit sehr viel Liebe eine Spielecke für jüngere Kinder im Obergeschoss eingerichtet werden und die anfänglich etwas unbequemen Betten sind jetzt Dank Unterstützung des DRK durch komfortablere Feldbetten ausgetauscht worden. Über einen Kontakt der ehrenamtlichen Helferinnen konnten aus dem Bismarck Stift in Aumühle noch Matratzen besorgt werden, so dass jetzt ein gewisser Schlafkomfort möglich ist. Für kurzfristig angekündigte Neuankömmlinge konnte innerhalb von wenigen Stunden ein Mittagessen innerhalb der Gruppe organisiert werden.
Als Ansprechpartnerin steht eine sehr engagierte Sozialarbeiterin der Stadt Reinbek täglich vor Ort mit Rat und Tat für Geflüchtete und Ehrenamtliche zur Verfügung, sie informiert die Gruppe z.B. wann die nächsten Personen ankommen, damit ihnen dann ein herzlicher Empfang bereitet werden kann. Wenn Sachen des täglichen Bedarfes fehlen, wird die Gruppe über den Mitteilungsdienst von ihr informiert und es wird zeitnah versucht die Sachen zu beschaffen.
Zusätzlich zu den benötigten Sachspenden für den täglichen Bedarf werden auch immer ehrenamtliche Helfer für eine Begleitung zu Ämtern und Behörden, Orientierung in der Stadt, Dolmetschertätigkeit, soziale Unterstützung oder Freizeitangebote (Spaziergänge, Spielnachmittage, Handarbeiten etc.) gesucht.
Unter https://www.reinbek-hilft.de können Bürger*innen Hilfsangebote schalten bzw. suchen oder unter der Mailadresse Ukraine@reinbek.de besteht die Möglichkeit direkt mit der Stadt Kontakt aufzunehmen.
Wer Interesse hat sich direkt in der „BeGe“ zu engagieren kann sich direkt bei der Sozialarbeiterin unter 0151/463 612 58 melden.
# Putins Krieg, das Handeln und die Verantwortung seiner Elite für die Kriegsverbrechen - und die persönliche Verantwortung des einzelnen Soldaten im Krieg Verantwortlich: Heinrich Dierking (Forum21-Kreistagsabgeordneter)
Der russische Staatspräsident Putin hat mit dem Überfall seiner Militärmacht in den souveränen Staat Ukraine Völkerrecht und bestehende Verträge gebrochen – und die seit Jahrzehnten geltende Friedensordnung in Europa und den Willen zur friedlichen Zusammenarbeit und Koexidenz der Staatssysteme brutal beiseite gewischt.
Putin hat mit seinen der Öffentlichkeit mitgeteilten Zielen („Entnazifizierung“ der Ukraine, Entwaffnung der ukrainischen „verbrecherischen Eliten“, Befreiung des ukrainischen „Brudervolks“) klargemacht: Ihm geht es durch Einverleibung oder Unterordnung randlicher Staaten um die Wiederherstellung eines Großrussischen Imperiums – so wie es nach Putins Ansicht als Macht zur Zeit der „Sowjetunion“ / UdSSR herrschte.
Der ständige Granaten-, Raketen- und Bomben-Beschuss des russischen Militärs auf städtische Wohnsiedlungen und die soziale Infrastruktur, die bewusste Zerstörung von Städten und Dörfern sollte als das bezeichnet werden, was es darstellt: ein andauerndes Kriegsverbrechen.
Die Leiden und der Tod der Zivil-Bevölkerung sind offenbar keine „Kollateral-Schäden“ (ein schreckliches Wort!), sondern sind beabsichtigt:
Mittlerweile wird in russischen Staatsmedien als militärisches Ziel ganz offen die Vernichtung allen ukrainischen Lebens gefordert und der damit verbundene Völkermord gerechtfertigt!
Die jetzt bekannt gewordenen Gräueltaten an Zivilisten im russischen Besatzungsgebiet kennzeichnen eine unvorstellbare Entmenschlichung von Soldaten, die morden, foltern, vergewaltigen, zerstören, plündern. Zorn, Wut, Hass werden so gewaltig angestachelt!
Verantwortlich hierfür sind selbstverständlich erst einmal die Militär-Kommandeure, die mit ihren Befehlen und ihrer Überwachung diese Taten der Soldaten ermöglichen.
Aber nicht nur und nicht allein:
Die ukrainische Schriftstellerin Oxana Matiychuk hat in ihrem „Ukrainischen Tagebuch“ am 04.04.2022 mit ihrem Artikel „Zerstören, plündern, morden“ (Süddeutsche Zeitung) das Augenmerk auf die persönliche Verantwortung des einzelnen Soldaten gelegt und hingewiesen auf die „kollektive Verantwortung“ der russischen Bevölkerung, die nach Befragungen den kriegerischen Überfall und die militärischen Aktionen in der Ukraine in großer Mehrheit unterstützt und befürwortet.
Ich finde es bedrückend und verstörend:
Dieser Krieg zeigt sowohl die Grenzen und Irrwege unserer weltweiten Zivilisation, das Ausmaß menschlichen Leidens wie auch die Ohnmacht der nach dem Weltkrieg 1939-1945 eingerichteten übernationalen Institution UN/Vereinte Nationen und des sog. „Sicherheitsrates“.
Es muss eine Neubesinnung auf weltweite Regeln und Mechanismen zur friedlichen Austragung von Konflikten debattiert werden und erfolgen. Panzer helfen dabei nicht…