Kinderarmut im Boom-Kreis Stormarn gehört auf die politische Tagesordnung!

 

Reinbek, den 30.09.2017

 

 

 

Kinderarmut in Stormarn darf nicht weiter ein Tabu-Thema sein

 

 

 

Mit seiner alljährlichen Aktion, für jedes arme Kind in Stormarn ein Fähnchen in die Ahrensburger Schlosswiesen zu stecken, verfolgt der Stormarner Kinderschutzbund (DKSB) das Ziel „Armut sichtbar gemacht“.

 

 

 

Nanu – Ist das nicht ziemlich reißerisch und beschädigt unnötig das Stormarn-Image, fragen nicht wenige und zweifeln das dargestellte Ausmaß an.

 

Schließlich steht der Kreis Stormarn mit seiner boomenden Wirtschaft, seinen zahlreichen Villen- und Komforthaus-Siedlungen, einer vergleichsweise geringen Arbeitslosenquote ( zur Zeit 3,4 %), einem schuldenfreien (!!) Kreis-Haushalt, seiner Kultur- und Landschaftsvielfalt und einer sehr hohen Kaufkraftquote oben in der Ranking-Liste deutscher Landkreise. Mit Stolz und durchaus begründet beschreibt sich der Kreis auf seiner Internetseite mit dem Slogan „Bundesweit vorn, in Schleswig-Holstein Spitze“.

 

 

 

In soeben veröffentlichten „2. Armutsatlas für den Kreis Stormarn“ des DSKB erfahren wir, dass (Stand März 2014) 8% der Stormarner Kinder in „Bedarfsgemeinschaften“ (ALG II) lebten. Diese fast 3.300 Kinder verteilen sich sehr unterschiedlich in Stormarn: In den  Städten Bad Oldesloe (17,77 % der dortigen Kinder), Glinde (14,94%), Reinfeld (10,3%), Ahrensburg (8,88 %), Reinbek (6,54%) und Bargteheide (6,02%) lebten zahlreiche Kinder in Bedarfsgemeinschaften und somit unter dem Diktat des „Regelsatzes“.

 

Aktuelle Zahlen aus dem Jahr 2017 (März) zeigen für den Kreis Stormarn einen erhöhten Anteil von 9,21% und belegen einen deutlichen Anstieg in einigen Städten – Ahrensburg mit 10,46%, Glinde 16,45%, Reinbek 8,31%.

 

 

 

Ist das nicht bereits niederschmetternd genug fürs Stormarner Image, so weist der Kinderschutzbund daraufhin: viele Kinder, für die ihre bedürftigen Eltern Wohngeld beantragen mussten sowie Kinder in Familien mit einem „Einkommen im Regelsatzniveau“ werden nicht in der ALGII-Statistik erfasst, verfügen aber dennoch nicht über ausreichend Geld-Mittel.

 

Der DKSB folgert, „für den Kreis Stormarn bedeutet das, dass mindestens 6.500 Kinder in Armut leben“.

 

 

 

Und da auch in Stormarn der Niedriglohnbereich nicht zurückgeht, sondern nach dem Willen Einiger wachsen soll, werden immer mehr Kinder armutsgefährdet aufwachsen.

 

 

 

Die Folgen der Kinderarmut – schlechterer Gesundheitszustand, Bildungsbenachteiligung, geringere soziale und kulturelle Teilhabe als Gleichaltrige – sind bekannt, sie können durch den viel zu niedrigen, nicht auskömmlichen Regelsätze für Kinder mit ALGII-„Regelleistung“ (zur Zeit für Kinder unter 6 Jahren: 237, unter 14 Jahren: 291, 14-17 Jahre 311 Euro) nicht kompensiert werden.

 

 

 

Kinderarmut darf kein Tabu-Thema mehr sein. Wir teilen die Forderungen des DKSB: kommunale Armutsberichte und Hilfefonds, kostenfreie Leistungen in Kitas und Schulen, kostenfreie Freizeit- und Ferien-Angebote.

 

Geben wir der Kinderarmut in unserem Boom-Kreis ein Gesicht, verhindern wir einen öffentlichen Niedriglohnbereich und bekämpfen wir die Benachteiligung und Armutsgefährdung unserer Kinder.

 

 

 

Widerlegen wir Brechts Moritat „…die im Dunklen sieht man nicht“, dann können auch diese 6.500 Stormarner Kinder stolz und zufrieden mit Stormarn sein!

 

 

 

Heinrich Dierking

 

 

Anlagen:

# Kinderarmut im Kreis Stormarn, 2. Armutsatlas für den Kreis Stormarn, DSKB Stormarn 2015

# Kinder in Bedarfsgemeinschaften im Kreis Stormarn (Vierteljahres- / Monatliche Zahlen seit 2010)