Reinbek 02.07.2017 mit einer Nachbemerkung vom 14.09.2017
Stellungnahme zum Neubau-Vorhaben der Fa. Hertz Flavors im Bebauungsplan B 102: überzogene Ansprüche und unangemessen hohe Kosten für die Öffentlichkeit!
Die Forum21-Fraktion begrüßt die Entscheidung der Fa. Hertz Flavors, ihre verschiedenen Betriebsteile in Reinbek an einem Standort zusammen zu fassen, hier in Reinbek zu bleiben und ihre Unternehmung zu modernisieren und auszubauen.
Ursprünglich wollte das Unternehmen bereits in der vorgesehenen Gewerbegebiets-Erweiterung östlich des „Senefelder Ring“-Gebietes investieren. Da der Reinbeker Bürgermeister sich 2015 entschieden hatte, das damalige Bürgerbegehren gegen die Erweiterung der Fa. Michaelis durch die Stadt als stadt-eigenen Bürgerentscheid zu übernehmen und die Stadt somit für 2 Jahre zur Untätigkeit an diesem Standort selbst zu verpflichten, war der Fa. Hertz Flavors diese Investition versperrt.
Forum21 akzeptiert auch die Gewerbegebiets-Erweiterung östlich der Röntgenstraße als Fortführung des Bebauungsplanes Nr. 50: Diese Erweiterung des Gewerbegebietes ist bereits bei der Aufstellung des Landschaftsplanes vor 1998 diskutiert worden und im festgestellten „Landschaftsplan 1998“ auch bewertet und dargestellt worden.
Die Erweiterung steht auch im Einklang mit dem Reinbeker Stadtleitbild.
Dem Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes Nr. 102 haben wir zugestimmt.
In einer Gesprächsrunde mit den Fraktionsvorsitzenden hat die Fa. Hertz Flavors ihre Absicht erläutert, vorerst nur auf der westlichen Hälfte des Plangebietes ihren neuen Betrieb aufzubauen und gfs. in Abhängigkeit vom Markterfolg mittelfristig durch Spiegelung der Baukörper auch die östliche Hälfte des Plangebietes zu bebauen.
Heißt auch: Es bleibt also erstmal für Jahre viel Grundstücksfläche unbebaut.
Die Fa. Hertz Flavors hat gefordert, dassüber eine neu zu schaffende Ausfahrt nach Süden zum Weg „Steinerei“ der Abverkehr der LKW laufen müsse (Zufahrt über die Röntgenstraße), da auf dem eigenen Grundstück „zu wenig Fläche“ (!!) verfügbar sei.
Hertz Flavors hat es abgelehnt, Flächen für die Rückhaltung von Niederschlagswasser in dem Plangebiet – also auf dem eigenen Grundstück – vorzusehen. Damit werden die Niederschläge insgesamt und auf aller kürzestem Wege der Öffentlichkeit überantwortet!
Eine Nutzung von Niederschlagswasser als Brauchwasser wird ebenfalls abgelehnt.
Die vorgesehenen Gebäudehöhen und die völlige Freiheit bei der Nutzung des Plangebietes werden als alternativlos gefordert.
Diese Ansprüche der Fa. Hertz Flavors zur baulichen Auslastung des eigenen Grundstückes und zur Verlagerung von Investitionen in die Öffentlichkeit sind u.E. überzogen, unangemessen und widersprechen dem Nachhaltigkeitsgedanken.
Die Vorteile liegen nur bei der Fa. Hertz Flavors, die erhebliche Infrastruktur-Kosten auf die Stadt abwälzen kann.
In der Konsequenz ist die Stadt Reinbek gehalten, den westlichen Teil des Weges „Steinerei“ als Straße auszubauen und ihre bisherigen städtebaulichen Prinzipien im Gewerbegebiet – u.a. Zu- und Abfahrt nur über die Röntgenstraße – aufzugeben.
Folgen Rathaus und Kommunalpolitik diesen überzogenen Ansprüchen an baulicher Auslastung und Verlagerung von Investitionen an die Öffentlichkeit, dann handelt Reinbek ungerecht bzw. mit unterschiedlichen Maßstäben gegenüber Investitionen anderer Unternehmen.
Nachbemerkung 14.09.2017
Der nunmehr vorgelegte Verwaltungs-Entwurf zum „Entwurfs- und Auslegungs-Beschluss“ des Bebauungsplans Nr. 102 (Vorlage 2017/60/041) weicht erheblich von dem „Aufstellungs-Beschluss“ (Vorlage 2016/60/041) der Reinbeker Stadtvertretung vom 26.05.2016 (übrigens mit 24 Ja-Stimmen bei 1 Nein-Stimme beschlossen; 6 Stadtverordnete fehlten in dieser Sitzung) ab:
· Das Plangebiet umfasst jetzt auch eine große Teilfläche der Grünfläche „ehem. Stadtgärtnerei“ südlich des Weges „Steinerei“.
· Das Plangebiet erstreckt sich jetzt auch auf die östliche Hälfte der Kehre „Carl-Zeiss-Straße“ und den Weg „Steinerei“ (von der östlichen Grenze des Grundstücks Heidekoppel) und setzt für diesen Bereich eine „öffentliche Straßenverkehrsfläche“ mit einer Erschließung der Gewerbegebiets-Fläche fest. Damit widerspricht der BPlan-Entwurf den im Aufstellungsbeschluss vom 26.05.2017 fixierten Planungsziel zur „verkehrlichen Anbindung über die Röntgenstraße“:
„Planungsziele sind:
- Ausweisung von bisher für die Landwirtschaft genutzten Flächen als Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO zur geordneten städtebaulichen Entwicklung von Gewerbeflächen
- Verkehrliche Anbindung an das bestehende Gewerbegebiet über die Röntgenstraße“.
Der vorgelegte Verwaltungs-Entwurf des städtebaulichen Vertrages (Vorlage2017/60/045) bestätigt schlimmste Befürchtungen – die Stadt (!) will / soll einen erheblichen Teil der Kosten für Planung und Infrastruktur selbst tragen und stellt städtische Grundstücke für den naturschutzrechtlichen Ausgleich zur Verfügung!
Auch dies steht im Widerspruch zum „Aufstellungs-Beschluss“ (Vorlage 2016/60/041) vom 26.05.2016. Dort ist zu den entstehenden Kosten ausdrücklich beschlossen worden:
„Die Kosten der Bauleitplanung einschließlich der hierdurch erforderlichen Begleitpläne, Ausgleichsmaßnahmen, Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen sowie die Kosten für Vermessung und Gutachten trägt der Vorhabenträger.“
Dies führt zur Frage: Können Öffentlichkeit, Reinbeker Unternehmen und die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker sich eigentlich auf die Wirksamkeit und Gültigkeit von Beschlüssen der Stadtvertretung verlassen?
Darüber muss öffentlich gestritten werden.
Heinrich Dierking
Forum21-Stadtfraktion